Knackende Gelenke sind genauso allgegenwärtig wie unnötig. Knackende Knie, Fingerknacken, Ellbogen, Sprunggelenk, Schulter, Handgelenk, alle sind mal dran. Manche knacken “auf Befehl”, manche unwillkürlich, manche unter Stress. Die Meinungen zu den Ursachen gehen weit auseinandergehen (“Gasbläschen”, “Knorpelschaden”, Knorpel-Falte,…), und auch zu den Ursachen der Ursachen (Veranlagung, Überbelastung, Abnutzung, Entzündung, Fehlernährung, muskuläres Ungleichgewicht). Mancher knackt sogar gern, weil sich dabei eine aufgebaute Spannung löst. Die alten Knacker sind keineswegs alle alt; ein Freund konnte seinen Knien schon als Teenager ein Knallen entlocken.
Im letzten Aikikai-Magazin konnte man nachlesen, dass viele Aikido-Treibende Knieprobleme haben. Meine Wahrnehmung ist eher, dass viele *Menschen* Knieprobleme haben, und man durch das Aikido-Treiben die Chance und die Mittel bekommt, daran zu arbeiten.
Mich hat es vor Jahren nach einem untrainierten Lauf um die Alster erwischt; meine Kniescheiben waren so sehr im Eimer, dass ich keine Treppen mehr steigen konnte, und die Knie bei jeder Bewegung unappetitlich knurpselten. Zum Glück bin ich damals nicht dem ärztliche Ratschlag gefolgt, irgendwelche Bänder zu durchtrennen – mittlerweile sind die Knie (dank viel Aikido?) auch so wieder voll OK.
Letztens trainierte ich mit einem vielleicht 15jährigen Partner. Bei jedem Shiho-Nage gab sein linker Ellbogen ein deutliches “Knack” von sich. Er meinte “das ist normal, das macht der immer” – allerdings hatte ich das deutliche Gefühl, dass genau dieser Arm weitaus angespannter war und versuchte, die Bewegung in eine Richtung zu machen, die “nicht geht”.
Was da knackt
Was da knackte, ist ein Gelenk, das ausserhalb der optimalen Bahn bewegt wird; statt durch den Zug der Muskeln muss das Knorpelmaterial die Bewegung führen und beschwert sich. Oder die Muskeln arbeiten gegeneinander, Agonist und Antagonist sind während der Bewegung beide angespannt und erhöhen so die Reibung und den Druck im Gelenk, eine optimale Arbeitsweise, wenn man den Knorpel abschleifen wollte.
Oder der Muskel ist verkrampft, entspannt sich nicht schnell genug, und in der Bewegung wird das Gelenk in sich selbst hineingehauen, statt vom Gegenspieler übernommen zu werden. Besonders gern bei einer schnellen Bewegung mit “eingerosteten” Gelenken.
Oder die Muskeln sind einfach müde, untrainiert, können das Gelenk nicht mehr stützen – wieder muss die Struktur die Belastung tragen, und das kann sie nicht unbegrenzt, und insbesondere nicht in jede Richtung gleich gut.
Ein gesunder junger Knorpel mag das alles eine Zeit lang wegstecken und wird anfangs auch noch nicht so viel Lärm machen, aber wozu unnötig die Qualität der eigenen Lebenszeit reduzieren?
Bewusste Bewegung
Es gibt vielerlei Wege, wie das Gelenk unrund werden kann. Sicherlich ist es wichtig, die Ursachen auch auf anderen Ebenen (z.B. Ernährung!) anzugehen, aber schon durch bewusstere Bewegung lässt sich der Zustand verbessern. Statt sich in seine Sehnen zu hängen, mit vollen Wucht gegen die bestehenden Unebenheiten dagegenzuknallen oder knarrende Gelenke loszureissen, kann man mit sehr aufmerksamer Führung und vorsichtiger Be- oder Entlastung das Gelenk über die Unebenheit hinwegführen und sie vielleicht wieder ausgleichen.
Das Gelenk braucht Bewegung; die Körpereigenen “Schmierstoffe” müssen im Gelenk verteilt werden, vielleicht auch der Knorpel in Form gehalten werden, indem er daran erinnert wird, wo er gebraucht wird. Indem der gesamte Bewegungsspielraum genutzt wird, kommen auch die dunklen Ecken der Gelenke ins Spiel.
Bewegung steigert auch die Intelligenz der Muskeln, und die Sensibilität für Stellung und Druckverteilung. Gerade Aikido wirkt hier wunder, weil wir den Umgang mit Hebeln gegen die normale Bewegungsrichtung und damit auch die Haltung bei Querbelastungen trainieren.
Auch Druck (in der richtigen Verteilung) ist gut; der Knorpel ist nicht selbst durchblutet, und muss wie ein Schwamm “ausgepresst” werden, um sich wieder neu mit Nährstoffen zu versorgen. Eher statische Haltungen, in denen Druck aufgebaut wird, sind da wohl besser, und liefern gleichzeitig hilfreiches Krafttraining.
Knack!
Ein gelegentliches Knacken ist natürlich harmlos; es darauf anzulegen ist aber wahrscheinlich keine gute Idee, und spätestens wenn das Gelenk nicht nur ab und zu mal knackt, sondern regelmäßig, oder sogar dabei wehtut, oder die Bewegung eingeschränkt oder ungleichmäßig ist, ist es Zeit, sich etwas mehr Aufmerksamkeit zu gönnen.
Disclaimer: Ich bin kein Mediziner, und das hier ist kein medizinischer Rat. “Knacken” fällt aber wohl eher in den Bereich der “Wellness”-Beschwerden. Ich glaube, dass der Besuch beim Orthopäden oder Chirurgen bei “Wellness”-Beschwerden wenig bringt – die sind dann doch eher für die ernsten Fälle zuständig. Meiner Erfahrung nach werden zu häufig Röntgenbilder angefertigt, auf denen kein Befund zu erkennen ist, kommentiert mit “habe ich auch nicht erwartet, sonst würden Sie hier nicht mehr so sitzen”, und dann die vorbereitete Diagnose verabreicht, schlimmstenfalls eine nur für deutlich schwerere Fälle angebrachte Therapie empfohlen. Die Strahlenbelastung kann man sich dann auch sparen, und statt im Wartezimmer lieber die Zeit auf der Aikido-Matte verbringen.
Hallo Axel,
spannendes Posting. Ich knacke auch manchmal und hielt es bislang einfach nur für Vererbung… aber zum Glück nichts Dauerhaftes.
Gruß
Mark
Hallo,
ein sehr schöner Beitrag!
Bei mir knackt von Zeit zu Zeit irgendwas im Rücken – allerdings nie während des Trainings, sondern zuhause.
Schöne Grüße,
Sibylle