“Have a lifting feeling while moving down”, und “move your shoulder down while moving your arm [macht eine hineinkriechende Bewegung]. That also brings your shoulder closer to your center. You can also have a rolling feeling” – Jorma Lyly hatte heute einige überraschende Aiki-Übungen auf Lager. Sehr amüsant waren auch die Menschenketten, die dominogleich umpurzelten, wenn sich Jormas Bewegung (“not strong!”) vom Ersten auf den oder die Stützenden übertrug.
Dieser Lehrgang war deutlich anders als ein reguläres Training – von Prüfungstechniken kaum eine Spur. Jorma wirkt die ganze Zeit recht informell, und wenn er eine Bewegung mit jedem der 20-30 Teilnehmer nacheinander vorführte konnte man sehen, dass keine zwei Ukes gleich sind, und auch die passende Bewegung immer unterschiedlich ausfallen muss.
Oft werden Aikido-Bewegungen, gerade für Anfänger, nach dem Strichmännchen-Prinzip erklärt: An Deinem Körper hängen zwei Beine und zwei Arme, die Arme und Beine haben in der Mitte auch noch ein Gelenk, und los geht’s. In der Art könnte auch ein Avatar die Prüfung schaffen. Das mechanische Modell kann immer weiter verfeinert werden, mit zusätzlichen Drehachsen (insb. Drehungen um die Längsachse der Arme, Drehung der Schulterquerachse gegen die Beckenquerachse) etc.
Jormas Erklärungen heute waren sehr anders – ich würde sagen, sie gingen von Ki aus, auf jeden Fall kamen ganz andere Elemente vor: Verbindung (nicht Anspannung), Weichheit (nicht Lockerheit), Angenehme Bewegung (nicht Kraft), Balance, Leichtigkeit und Schwere (nicht Gravitation), Kontakt, Angst, und Bewegungen an Stellen, die das Strichmännchen gar nicht kennt: in den Schultern (heute bei Jorma, oder sonst auch Joachim: “Jetzt zieht er wieder die Schultern hoch!”), im Rumpf an Bauch und Rücken und dazwischen im Zentrum, und innerhalb der Gelenke.
Ich würde es so beschreiben: Um eine Gitarrensaite zu stimmen, dreht man an einer Schraube; um ein Trommelfell zu stimmen, muss man eine Balance zwischen zwölf Schrauben herstellen. Um den Winkel im Ellbogen- oder Kniegelenk zu steuern, müssen sich Bizeps und Trizeps abstimmen; die Wirbelsäule und die Bauchdecke hingegen sind – komplex. Und auch das Kniegelenk ist (wie die meisten mit zunehmendem Alter schmerzhaft feststellen) weitaus mehr als ein Scharnier, sondern reagiert zunehmen empfindlich auf unausgewogene Anspannung und Drehung.
Ein Lehrgang von zwei Stunden ist viel zu kurz, um so etwas wirklich zu verstehen. Für die beeindruckend vermittelte (bzw. bestätigte) Ahnung, dass es da etwas zu verstehen gibt, bin ich Jorma sehr, sehr dankbar.